Die Videosprechstunde fristete bis Anfang des Jahres ein Schattendasein. Dann kam Corona. Seitdem ist die Zahl der Berliner Mediziner, die diesen Service anbieten, förmlich explodiert.
Ganze sieben Fachärzte in vier Praxen boten Anfang dieses Jahres in Berlin Videosprechstunden an. Hauptgrund für diese mageren Zahlen dürfte die Deckelung des Anteils der digital gestützten Beratung an der gesamten Arbeitsleistung gewesen sein. Die dadurch erzielbaren Einnahmen deckten kaum die Kosten für die Technik – immerhin müssen die Praxen zertifizierte Videodienste beauftragen und bezahlen.
Im Zuge der Corona-Beschränkungen wurde die Deckelung im März jedoch aufgehoben. Damit wurden Videosprechstunden finanziell attraktiver, zumal zahlreiche Videodienstanbieter ihre Tarife abgesenkt haben. Die Vergütung für eine Videokonsultation erreicht mittlerweile knapp das Niveau der Präsenzbehandlung.
Der Schub, der dadurch ausgelöst wurde, ist enorm: Laut KV Berlin stieg die Zahl der Fachärzte, die man per Video „aufsuchen“ kann, im Stadtstaat auf fast 4.300, tätig in rund 2.300 Praxen und Kliniken.
Verändertes Nachfrageverhalten
Großen Anteil an diesem Boom hat natürlich auch das Patienteninteresse. Zur Infektionsvorbeugung möchten viele Menschen auf Praxisbesuche oder auch nur die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs lieber verzichten. In der Konsequenz freunden sie sich mehr und mehr mit dem Gedanken an, mit ihrem Arzt per Video in Kontakt zu treten. Fast jeder zweite Bundesbürger kann sich das laut Bitkom-Umfrage vorstellen – im Mai 2019 waren es nur 30 Prozent.
Bei der tatsächlichen Nutzung dieses Angebots gibt es allerdings noch Luft nach oben. Nur 13 Prozent haben schon einmal eine Videosprechstunde in Anspruch genommen. Das mutet noch bescheiden an – stellt aber gegenüber dem Mai letzten Jahres eine Steigerung um 160 Prozent dar. Ob dieser Trend sich auch nach der Pandemiekrise fortsetzen wird, wagt die KV Berlin derzeit nicht zu prognostizieren. Ein neuer Standard dürfte jedoch etabliert sein.