Abrechnungsbetrug im Steigflug

Fallzahlen und Volumen des Abrechnungsbetrugs im Gesundheitswesen erreichen neue Rekordstände. Erwartet wird ein weiterer Anstieg infolge der pandemiebedingten Sondersituation. Die Tätergruppen unterscheiden sich bei gesetzlichen und privaten Krankenversicherern.

Die Unternehmensberatung PwC Deutschland verfolgt via Umfragen kontinuierlich die Entwicklung des Abrechnungsbetrugs an Krankenversicherungen. Was bei der aktuellen Erhebungsrunde zutage trat, lässt sich durchaus als besorgniserregend bezeichnen. So summieren sich die Schäden mittlerweile beim Gros der Krankenversicherer auf jeweils mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: 84 Prozent der befragten Versicherer schätzen die Dunkelziffer der unentdeckten Betrugsfälle als „sehr hoch“ oder „hoch“ ein.

Die erfassten Zahlen lassen einen unguten Trend erkennen. Noch 2012 meldeten zwei von drei gesetzlichen Kassen maximal zehn Schäden pro Jahr, die Schadenssumme erreichte bei der Mehrheit keine 50.000 Euro. In der jüngsten Umfrage berichtet nun jede zweite gesetzliche Kasse von mehr als 100 Betrugsdelikten jährlich, knapp ebenso viele haben dadurch einen Schaden von über einer halben Million Euro zu verschmerzen. Bei den privaten Krankenversicherern erlitten zuletzt sogar 76 Prozent einen Gesamtschaden dieser Größenordnung. 2012 hatte diese Quote noch bei 50 Prozent gelegen.

Pflegedienste und Privatversicherte greifen zu
Die Tätergruppenprofile unterscheiden sich zwischen gesetzlichen und privaten Versicherern, begründet durch die verschiedenen Abrechnungsmodi. Die direkte Abrechnung mit ihrem Versicherer scheint viele Privatversicherte zum Schummeln einzuladen, denn sie stellen im PKV-Segment die dominierende Tätergruppe – auch wenn der von PwC ermittelte Wert von 100 Prozent überraschend anmuten mag. Gesetzliche Kassen hingegen werden überwiegend von Pflegediensten (95 Prozent) und häuslichen Krankenpflegern (68 Prozent) geneppt.

Die PwC-Analysten erwarten eine Zunahme der Deliktzahlen und Schäden infolge der durch die Covid-19-Pandemie durcheinandergeratenen Abläufe in vielen Bereichen des Gesundheitswesens. Diese Ausnahmesituation könne gar zu einem „Brandbeschleuniger“ werden, verstärkt durch die Möglichkeiten der Digitalisierung (etwa avancierte Bildmanipulation). Gerade angesichts der verschärften Finanzlage sowohl gesetzlicher als auch privater Krankenversicherer bleibt der Abrechnungsbetrug für diese eine Dauerherausforderung.