Ist Ihr Zeitprofil plausibel?

Wenn Ärzte auffällig viele Behandlungen in einen Arbeitstag packen und abrechnen, droht eine Plausibilitätsprüfung durch die KV. Wie sich Rückzahlungen vermeiden lassen

Auch die engagiertesten Ärzte müssen sich mit einem maximalen Arbeitspensum von zwölf Stunden täglich begnügen. Wer es regelmäßig ausschöpft und dabei auch noch hochtaktig arbeitet, kann schnell in den Fokus der KV geraten. Denn diese prüft die ärztlichen Abrechnungen gemäß Paragraf 106d SGB V auf Rechtmäßigkeit und Plausibilität. Dazu gehört wesentlich die Frage: Lassen sich die abgerechneten Leistungen wirklich im angegebenen Zeitrahmen mit der gebotenen Sorgfalt ausführen?

Bestehen daran Zweifel, wird eine förmliche Plausibilitätsprüfung eingeleitet. Der in Verdacht geratene Arzt wird mit einem Schreiben darüber informiert, dass „Auffälligkeiten bei der zeitlichen Plausibilität“ festgestellt wurden, und um eine Stellungnahme gebeten. Fällt diese unbefriedigend aus, kann die KV gezahlte Honorare zurückfordern. Für mediale Furore sorgte kürzlich beispielsweise eine Forderung der KV Sachsen, die von einem Allgemeinmediziner rund 530.000 Euro zurückhaben will. Der Betroffene betreut 14 Altenpflegeheime, in denen er bis spät in den Abend gleichsam von Zimmer zu Zimmer eilt. Seine Patientenzahl liegt damit um die Hälfte über dem sächsischen Schnitt.

Und der Fall der ebenfalls in Sachsen niedergelassenen Neurologin Kyra Ludwig aus Seifhennersdorf im Kreis Görlitz ist mittlerweile ein regelrechtes Politikum. Viele Medien, darunter Bunte, die WELT, der MDR, Focus, die Bild-Zeitung, berichteten ausführlich über den Fall. Die Causa Ludwig hat inzwischen aber nicht nur fachfremde Medien, sondern auch die (Standes)-Politik erreicht.

Mindestzeitvorgaben beachten, Beratung für Mediziner kontaktieren

Alarm schlägt das Prüfsystem, wenn die Standard-Zeitwerte, die mit jeder EBM-Ziffer verknüpft sind, in signifikantem Maße unterschritten werden. Im Einzelfall lässt sich zwar immer begründen, warum eine Behandlung weniger Zeit gekostet hat als im empirischen Durchschnitt. Bleibt ein Arzt jedoch konstant deutlich unter den Standardwerten, muss er dafür gute Gründe anführen können.

Eine besonders effiziente Praxisorganisation wäre beispielsweise ein solcher Grund, den Ärzte in ihrer Stellungnahme anführen können. Ein weiterer: ein hoher Spezialisierungsgrad, der zumindest in manchen Bereichen eine schnellere Behandlung ermöglicht. Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass für manche Abrechnungspositionen Mindestzeitvorgaben bestehen, die auch die versiertesten, erfahrensten Ärzte nicht unterschreiten dürfen.

In jedem Fall empfiehlt es sich, beim Aufsetzen der Stellungnahme Rat einzuholen. Beratung für Mediziner hat in seinem Netzwerk einen absoluten „Abrechnungsprofi“, den betroffene Ärzte kontaktieren sollten, bevor sie sich an die KV wenden.

Kleiner Trost: Die KV ist verpflichtet, sich vor Sanktionierungen mit den Argumenten des Arztes auseinandersetzen und ihn gegebenenfalls anzuhören. Wer ein solches Prozedere vermeiden will, sollte sein Arbeitszeitprofil immer im Blick behalten. Zudem hilft eine sorgfältige Dokumentation der Behandlungen bei einer eventuellen Prüfung.